Biografie

Ein Mensch seiner Zeit
Der Maler Max Schulze-Sölde
1887-1967
Retrospektive

Ein Mensch dieser Zeit, so nennt Max Schulze-Sölde ein 1950 geschaffenes Gemälde, das inmitten einer abstrakten Komposition den Kopf eines Mannes mit leidendem Gesichtsausdruck sowie Schriftrollen erkennen lässt. Den Titel Ein Mensch dieser Zeit gibt der Maler auch seiner Biografie, die 1930, gegen Ende der Weimarer Republik, erscheint.

Mit 32 Bildern, die den Einfluss der damaligen Avantgarde erkennen lassen, kehrt der junge Künstler im Jahre 1918, acht Tage vor Ausbruch der Novemberrevolution, aus Frankreich in das Deutschland der Nachkriegszeit zurück. Vier harte Jahre Zivilinternierung liegen hinter ihm. Schulze-Sölde findet sogleich Anerkennung und erhält Ausstellungsangebote. Bei dem renommierten Galeristen und Kunsthändler Alfred Flechtheim in Düsseldorf stellt er im Juni 1919 zusammen mit Will Lammert aus. In Flechtheims Galerie begegnet man zur damaligen Zeit Kunstwerken von Ernst Barlach, Franz Marc, Paul Klee, Marc Chagall, Pablo Picasso, Georges Braque, kurz aller Künstler der Klassischen Moderne, die in dieser Zeit Rang und Namen haben.

Dank Flechtheim und Karl Ernst Osthaus, dem bekannten Förderer moderner Kunst und Gründer des Museums Folkwang in Hagen, wo der junge Maler ein Atelier bezieht, ist er nun wirtschaftlich unabhängig vom Elternhaus. Doch Schulze-Sölde ist von Verfall, Auflösung und Hoffnungslosigkeit der Nachkriegszeit bis ins Innerste erschüttert. Er glaubt, seine ganze Kraft in den Aufbau einer neuen Gesellschaft stellen zu müssen. So wird er nacheinander Ackerknecht, Siedler, Bergarbeiter, Wanderprediger und engagiert sich in der Jugendbewegung. Doch all seine Versuche der gesellschaftlichen Veränderung scheitern. Auch die Stelle als Zeichenlehrer in einem Landerziehungsheim in Thüringen 1926 muss er nach vier Jahren aufgeben.

Nach missionarischem Einsatz in Zentren der Lebensreform im Schatten Berlins sieht er sich 1934 vor einem Scherbenhaufen seines Lebens. Durch die Begegnung mit dem Maler Eberhard Viegener - Schulze-Sölde aus seiner Zeit in Hagen bekannt - beginnt er die Soester Börde zu lieben und sein Leben wieder voll der Malerei zu widmen. Er baut 1938 ein Haus in Günne und engagiert sich neben seiner Malerei seit 1945 als Vorsitzender des Soester Kunstrings. Zwar beschäftigt er sich nach dem Krieg für einige Jahre intensiv mit abstrakter Malerei, doch Schulze-Söldes großes Thema für die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens wird die Landschaftsmalerei. Dazu der Maler selbst: Die Natur ist immer jung, immer wieder neu, keiner Mode unterworfen und von keinem "Mode-Ismus" abhängig. Sie betrügt nie, führt nie in die Irre, ist niemals langweilig oder unverständlich, ein unerschöpflicher, nie versiegender Quell. Seine Bilder werden anfangs in Hamm, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt und München, später immer wieder in Soest und Hamm und in der näheren Umgebung ausgestellt.

Im Morgnerhaus hat der Soester Geschichtsverein in Kooperation mit der Stadt Soest in einer großen Retrospektive Kunstwerke aus allen Schaffensperioden des Künstlers von 1908 bis in die 1960er Jahre versammelt. Bilder, von Impressionismus, Expressionismus und Kubismus beeinflusst, sind neben abstrakten Arbeiten und Werken der Neuen Sachlichkeit zu sehen. Selbstbildnisse und Porträts hängen neben Motiven von Industrie und Landarbeit sowie neben religiösen Darstellungen und Landschaftsbildern. Gemälde in Öl wechseln mit Zeichnungen in Bleistift, Farbstift, Rötel und Tusche sowie mit Radierungen und Lithografien. Die Kunstwerke stammen aus öffentlichen Museen sowie aus Privatbesitz von München bis zur Insel Föhr und Berlin.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.